Seemannstreffen Güstrow

Seeleutetreffen Güstrow


47.Güstrower Klönsnack

 

Unter fremder Flagge“, so lautete das Thema zu unserer Zusammenkunft. Chief Hartmut Kellner berichtete von einem kleinen Abschnitt seines Lebens als Seemann bei der DSR. Während seines Aufbaustudium von C5 auf C6 1972/73 an der Hochschule für Seefahrt in Warnemünde erfuhr er von der Möglichkeit, unter irakischer Flagge zu fahren. Er gab seine Bewerbung bei der zentralen Kaderabteilung im Haus der Schiffahrt  ab und harrte dann der Dinge, die da kommen könnten. Es dauerte noch bis Ende 1975, bis er wieder von dieser Sache erfuhr. Aber dann ging es ganz schnell und er wurde  noch in Vietnam von der „Halberstadt“ abgelöst. Er gehörte dann zum Kreise der 5 Offiziere, die den ersten irakischen Frachter aus einer Reihe von vier geplanten Neubauten  in Japan übernehmen sollten. Zum Einsatz kamen ein Kapitän, ein Chief, ein 2. TO, ein 2. NO und ein Elektroingenieur. Sie sollten das Schiff übernehmen und die irakische Besatzung einweisen. Die Dauer des Einsatzes sollte ein Jahr betragen und wurde über das Aussenhandelunternehmen LIMEX in Berlin koordiniert. Leider ging nach ihrer Ankunft im Irak einiges verquer. So hatte man nach 14 Tagen im Irak/Baghdad immer noch keine vernünftige Verwendung für sie. Also bekamen sie ein Flugticket nach Japan und dort zogen auf der Insel Shikoku in der Stadt Anan  in ein Hotel ein. Aber die eigentliche Bauaufsicht stellte ein dänische Firma. Sie machten sich trotz allem mit dem im Bau befindlichen Schiff vertraut, je nachdem in welchem Ressort sie später arbeiten würden. Sie übersetzten auch alle technischen Unterlagen soweit, wie es für die spätere Schiffsführung notwendig war. So verbrachten sie ca. 5 Monate im Hotel und auf dem Schiff. Sie pendelten immer zwischen beiden Orten hin und her. Es war alles ein wenig anders gedacht. Zum anderen baute die Werft erstmalig ein so großes Schiff. Zu früheren Zeiten wurden hier Fischereifahrzeuge gebaut.

Nachdem die Werftzeit beendet und das Schiff auf den Namen „AL-KINDI“ getauft war, stiegen sie  auf und begaben sich auf die erste Reise. Es verlief alles in normalen Relationen. Außer den deutschen Offizieren kamen noch viele andere Ausländer an Bord. So kamen Inder (Chiefmate), Ägypter (3. Ingenieur) und weitere Offiziere an Bord, aber auch viele irakische Seeleute nahmen ihre Arbeit an Bord auf und wurden von ihren Kollegen in ihre täglichen Arbeiten eingewiesen. Sie dankten es ihren Vorgesetzten durch kleine Geschenke und besondere Aufmerksamkeiten.
Natürlich stimmte für den DSR - Seemann auch das Geld.  Die Seeleute waren für diesen Einsatz von der DSR delegiert worden und erhielten daheim ihre Heuer weiter. Über LIMEX erhielten sie ein Tagegeld in irakischen Dinar, wie es für sogenannte Spezialisten im Irak festgesetzt war. All diese Aussagen wurden durch Originalpapiere ergänzt. So konnten die Anwesenden sehen, dass hier alles seine Richtigkeit hatte. Nach einem Jahr Einsatz wurden Chief, Chiefmate und 2. Offizier zurückgerufen, denn der Vertrag war erfüllt. Auf Bitte der irakischen Reederei IMTC wurde der Vertrag für Kapitän, 2. TO und E-Ing. um die vergeudeten 5 Monate verlängert, da die Garantieaufhebung des Schiffes in der Keppel-Werft in Singapur anstand und die Reederei gern erfahrenen Indienststellungs-Spezialisten dabei haben wollte. Hier wurde wie immer ums Geld gefeilscht.
Zum Abschluss gab es für die Ausführungen kräftigen Beifall.
Wem war bekannt, dass die DSR–Seeleute auch in anderen Ländern arbeiteten, um diese beim Aufbau einer eigenen Handelsflotte zu unterstützen? Auch die Hochschule für Seefahrt unterstützte den Irak, indem an der Schule irakische Seeleute zu Offizieren ausgebildet wurden.

Zum Abschluss kam noch John Aschmann (Kapitän) vom Berliner Klönsnack zu Wort. Er berichtete aus seiner Seefahrtszeit und stellte sein Buch vor. Es kam bei den Leuten gut an. Er war auf Schiffen unterwegs, die auch die Fischerei mit Treibstoffen und anderen lebensnotwendigen Dingen versorgte. Er pries die Einsatzbereitschaft der Fischersleute und zeigte, wie mutig und mit welch gekonnter Seemannschaft sie ihre Arbeitsaufgaben wahr nahmen. Das kam besonders bei unseren Fischerkollegen sehr gut an.

Der nächste Klönsnack ist für den 31.03.2023 geplant. Als Gast wird Kpt. Peter Jungnickel kommen und uns wieder spezielle Fälle von Seeunfällen erläutern.

 

Kurt-Werner Langer


DSR-Seeleute,  30.10.2022